Auf schmalem Grat

Im Rückblick war 2023 ein gutes Jahr, denn europäische und US-Aktien, Anleihen und Gold entwickelten sich positiv. Es war dennoch kein einfaches Jahr, denn vieles kam anders als von den meisten gedacht. Wider Erwarten kam Europa gut durch den Winter, schwächte sich dafür aber im 2. Halbjahr wirtschaftlich ab. Während die US-Wirtschaft sich – trotz zwischenzeitlicher Bankenkrise – als erstaunlich robust erwies, konnte die chinesische Konjunktur nach dem Ende der Corona-Beschränkungen nur allmählich wieder Fuß fassen. Die Kommunikation der Notenbanken verlief wechselhaft, was eine hohe Volatilität an den Zinsmärkten bewirkte und auch an den Aktienmärkten zu deutlichen Ausschlägen beitrug.

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Der Zins ist zurück, nicht nur in nomineller Hinsicht. Die über Erwarten und trotz bereits wieder rückläufiger Inflation deutlich angehobenen Zentralbanksätze sorgten für einen spürbaren Anstieg der Realzinsen. Sie erreichen in den USA mit über 2 % für einjährige Anlagen derzeit wieder das Niveau von vor 15 Jahren (vor der Finanzkrise). Auch in Europa werden vielerorts bereits wieder positive Realrenditen erreicht. Diese Entwicklung voraussehend, wäre man wohl nicht zu dem Schluss gelangt, dass an den Aktienmärkten der Technologiesektor – wegen der oft verzögerten Gewinnkurve besonders zinsreagibel – am besten abschneiden wird. Auch dass der Goldpreis in diesem Umfeld sein bisheriges Allzeithoch überschreiten würde, dürfte kaum jemand in den Karten gehabt haben. Wer in Ansehung der konjunkturellen und der Zinsrisiken mit vorsichtiger Zurückhaltung an den Märkten agierte, konnte nur mit Mühe Performance erzielen, denn über weite Strecken des Jahres war die Marktbreite gering und nur wenige stark kapitalisierte Aktien hoben den Gesamtmarkt. Strategien, die auf konjunktur­reagible Substanzwerte oder auf mittelgroß kapitalisierte Titel setzen, schnitten mitunter deutlich unterhalb der gängigen Indizes ab. Selbst Investitionen in Unternehmen, welche die Energiewende vorantreiben - das Mega-Thema dieser Zeit – waren nicht profitabel, im Gegenteil: Während in 2023 so viele fossile Rohstoffe gefördert wurden, wie nie zuvor, verlor der Renewable Industrial World Index ein Viertel seiner Marktkapitalisierung.

WO WAR REZESSION?

Das abgelaufene Jahr war eine Zeit des Wartens auf die von vielen Konjunkturforschern vorhergesagte Rezession, ausgehend von den USA. Auch der IWF hatte vor Jahresfrist eine "weltweite Rezession" kommen sehen. Die deutliche Mehrzahl der Bankanalysten sagte denn auch einen Einbruch an den Kapitalmärkten voraus, bevor sich aufhellende Konjunkturdaten die Börsen wieder beflügeln sollten. Tatsächlich haben sich die Annahmen jedoch als zu pessimistisch erwiesen und – mit Ausnahme von Deutschland – ergab sich ein unerwartet robustes Konjunkturbild. Aber: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben – und so erwartet das Gros der Bankökonomen und Marktstrategen nun für dieses Jahr das Eintreten einer allerdings kurzen und wenig ausgeprägten rezessiven Phase. Unisono wird mit geringerem Wachstum als für 2023 gerechnet, allerdings auf das Gesamtjahr gesehen noch mit einem Plus. Das Basisszenario ist also eine kurze konjunkturelle Delle, gefolgt von einem schnellen und kräftigen Wieder­anstieg. Auf dieser Grundlage wird ab dem zweiten Quartal mit – zum Teil erheblichen – Zinssenkungen für kurze Laufzeiten gerechnet. Die derzeit negative Zinsstrukturkurve könnte dadurch steiler werden, möglicherweise positiv. Beginnt dann tatsächlich der Start einer neuen Konjunktur­phase, könnte dies die Aktienmärkte und andere Risikoanlagen weiter stützen. Tatsächlich sind die jüngsten Inflationsdaten, etwas schwächer werdende wirtschaftliche Frühindikatoren und die ersten Signale der Noten­banken in Richtung möglicher Zins­senkun­gen mit diesen Erwartungen konsis­tent. Allerdings haben die Märkte dieses Szenario seit Mitte November weitgehend eingepreist und in ihrem Zins­optimismus viel­leicht auch bereits übertrieben. Tritt das konsensual erwartete Szenario ein, könnte weiteres Potential begrenzt sein.

Darum bleibt wichtig, sich der Risiken für das Basis­szenario fortgesetzt bewusst zu sein. Auch 2024 könnte wieder vieles anders kommen. Schließlich waren die zurückliegenden Maß­nahmen der Noten­banken historisch außergewöhnlich, denn kaum jemals zuvor sind die Zinsen in so kurzer Zeit so steil angehoben worden. Die Leitzinsen sind nunmehr auf dem höchsten Stand seit 20 Jahren angekommen. Allerdings kommen die Effekte restriktiver Geldpolitik in der Wirtschaft grund­sätzlich erst nachgelagert zur Wirkung. Zumindest in den USA haben die Maßnahmen bisher wenig erkennbare Spuren hinterlassen und die FED schätzt, dass wenigstens noch ein Drittel der Effekte auf das BIP und die Hälfte der Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt ausstehen.

ENDE DER ZINSANHEBUNGEN VORAUS

Hinreichend sicher erscheint aus heutiger Sicht, dass FED und EZB ihre Leitzinsen nicht weiter anheben werden. Spannend wird sein, ob tatsächlich bald Zinssenkungen erfolgen und aus welchem Grund. Wird die Inflation sich weiter so stark ermäßigen, dass der Wirtschaft gefahrlos Kapital zu wieder günstigeren Konditionen zur Verfügung gestellt werden kann? Oder werden die zeitverzögerten Effekte der zurückliegenden Maßnahmen für eine so deutliche wirtschaftliche Abkühlung sorgen, dass Zinssenkungen unabwendbar sind. Dies sind völlig gegensätzliche Pole. Für die Kapitalmärkte wird elementar sein, in welche Richtung die Nadel ausschlägt.

Nachdem vor Jahresfrist das Basisszenario einer unvermeidbaren Rezession in den Köpfen war, sind sich die Ökonomen heute in beeindruckender Mehrheit einer weichen konjunkturellen Landung gewiss, in dessen Verlauf die Zinsen um mindestens einen Prozentpunkt zurückgenommen werden. Diese Einschätzung berücksichtigt allerdings nicht, welche Kriterien die Erwartung einer fortgesetzt höheren strukturellen Inflation erzeugen könnten: Corona und die Russland-Invasion haben den Globalisierungsprozess jäh zum Stillstand gebracht, sogar Gegenteil verkehrt. Das verkürzt die Lieferwege, verlagert aber die Herstellungsprozesse an teurere Produktionsstandorte. Auch der über Jahrzehnte vernachlässigte, nun umso notwendigere Klimaschutz ist nicht zum Nulltarif zu bekommen und verteuert Produkte wie auch Dienstleistungen. Dies könnte begleitet werden von wieder anhaltend steigenden Rohstoffpreisen, die sich im vergangenen Jahr – insbesondere im letzten Quartal – deutlich verbilligt haben. Vor allem Industrierohstoffen könnte aufgrund des Bedarfs für den Energiewandel eine anhaltende Verteuerung bevorstehen. Nicht zuletzt: Die alternde Bevölkerung in der westlichen Welt verursacht einen Rückgang der Ersparnisse und verknappt respektive verteuert den Wirtschaftsfaktor Arbeit.

GRATWANDERUNG FÜR NOTENBANKEN

Eine durchaus diskutable Variante wäre darum, dass die Inflation sich gar nicht so bald und/oder so stark ermäßigt, sondern dass die Wirtschaft zwar nachgibt, gleichzeitig aber die Preise eben nicht einknicken. Sofern dies tatsächlich im Rahmen einer "sanften Landung" geschähe, könnten sich die Notenbanken keineswegs unter Druck sehen, die Zinsen zu senken. Immerhin haben sie Vertrauen zu verlieren, denn die Inflation wurde lange Zeit unterschätzt und die Zinsen wurden viel zu spät angehoben. FED und EZB dürften höchsten Respekt vor dem Risiko haben, nun zu früh zu senken, dadurch die Inflation wieder laufen zu lassen und möglicherweise eine weitere Zinsanhebungsschleife drehen zu müssen. Den Fehler einer zu frühen Lockerung hatte die US-Notenbank Anfang der 1980er Jahre begangen, als die Inflation sich wider Erwarten nicht ermäßigte und die zunächst gesenkten Zinsen ein weiteres Mal angehoben wurden. Drei Monate später begann eine tiefe und 1 ½ Jahre andauernde Rezession. Vor diesem Hintergrund sollte nicht erwartet werden, dass die Notenbanken sich dem Druck der Märkte oder der Politik beugen und die Zinsen senken werden, sozusagen weil sie es können. Sie werden sich vielmehr sehr sicher sein wollen, diesen Schritt gehen zu müssen.

Für die Strategie der Notenbanken erscheint daher kontraproduktiv, dass die Zinsen im Zuge der euphorischen Erwartungen der Märkte ohnehin bereits erodieren. So rentieren 2-jährige Staatsanleihen in Deutschland um ein Viertel niedriger als noch im Oktober. In den USA sind die Zinsen um ein Fünftel zurückgekommen. Damit ergibt sich bereits eine deutliche Erleichterung der Finanzierungskonditionen, die eigentlich – zu einem späteren Zeitpunkt – die Notenbanken hätten liefern wollen. Die Vorwegnahme durch die Märkte hat möglicherweise den Notenbanken die Hände gebunden und könnte insofern der noch im Herbst diskutierten Variante, die Zinsen könnten längere Zeit hoch bleiben, neue Geltung verschaffen. Es wird eine Gratwanderung für die Notenbanken, weshalb sie sich bis zuletzt auch alle Hintertüren offen lassen: Chairman Powell sprach davon, die Inflation sei nach wie vor zu hoch und es sei "viel zu früh, den Sieg zu verkünden", während EZB-Chefin Lagarde verlauten ließ, man habe "über Zinssenkungen überhaupt nicht gesprochen".

EINGEPREISTE ERWARTUNGEN

Bliebe noch einzuschätzen, wie hoch die Eintrittswahrscheinlichkeit einer sanften Landung wirklich ist. Für diese Erwartung spricht zumindest, dass sich die Unternehmen über Monate mit der Aussicht auf Konjunktur­verschlechterung beschäftigt, vorsichtig agiert und zurück­haltend investiert haben. Im Ergebnis sind die Kapazitäten durchschnittlich ausgelastet, die Läger sind unterdurchschnittlich gefüllt. Die Rohstoffpreise liegen tiefer als zum Beginn – und erst recht gegenüber Herbst – letzten Jahres. Zugleich erfährt der gesamtwirtschaftlich bedeutsame Konsum über die deutlich gestie­ge­nen Realein­kommen eine Stütze. Es bestünde also weiteres Potential und die Stimmung an den Märkten seit November repräsentiert die Hoffnung, dieses Potential möge sich entfalten. Den Nachbrenner für die Börsen zündeten die Notenbanken mit der im Gegensatz zur bisherigen Kommunikation stehenden konkreten Absage an die Möglichkeit weiterer Zinserhöhungen. Die Märkte preisen nun vielleicht bereits das Beste aus zwei Welten ein: eine sanfte konjunkturelle Landung und einen sehr deutlichen Rückgang der US-Zinsen um 1,5 %-Punkte (parallel dazu EZB). Der Optimismus ist derzeit sehr ausgeprägt und die Märkte notieren nahe ihren historischen Höchstkursen. Welche Überraschungen könnten nun die schon eingepreisten Erwartungen über­treffen und den Börsen zusätzlichen Schub verleihen?

HISTORISCHE PARALLELEN ...

Eine fortgesetzt bessere Konjunktur- und Börsen­entwicklung ist zweifellos wünschenswert. Dennoch sollte überprüft werden, welche Analogien die derzeitigen Rahmendaten zu eher enttäuschend verlaufenen Mustern in der Historie aufweisen. Denn tatsächlich ergeben sich einige auffällige Parallelen, die nahelegen, weiterhin mit Vorsicht zu agieren. Wenn wir hier im Wesentlichen auf US-Daten abstellen, hat dies seinen Grund in der deutlich besseren Erfassung statistischer Daten, als vergleichsweise in Europa. Im Übrigen bleibt Amerika der Impuls gebende Markt für weltweite Trends.

  • Im Rückblick ist es den Notenbanken selten gelungen, früh genug die Zinsen zu senken. Häufig – so auch zuletzt – wurden die Zinsen in eine Phase sich bereits abschwächenden Wachstums angehoben. In sechs der acht zurückliegenden Zinssenkungsepisoden (seit 1980) kam die geldpolitische Lockerung zu spät, denn zeitgleich mit der ersten Zinssenkung begann dann doch die konjunkturelle Abschwächung – in allen sechs Perioden bis zum Eintauchen in die Rezession.
  • Die Arbeitslosenrate – gelegentlich als Spätindikator qualifiziert[1] – sendete in den zurückliegenden Jahrzehnten durchaus signifikante Voraussignale: Seit Mitte der 70er Jahre erfolgte der Dreh bei den US-Arbeitslosendaten 6 bis 12 Monate vor Einsetzen der Rezession[2]. Das aktuell in den USA erreichte letzte Tief liegt 9 Monate hinter uns.
  • Die Zinsstrukturkurve ist invers[3], in den USA wie auch in Europa. Im Rückblick folgte nahezu immer nach dem Eintauchen in eine Inversion 12 bis 18 Monate später eine Rezession. Aus dem Bundesbankbericht Januar 2023: "Wenn in der Vergangenheit kurzfristige Renditen über das Niveau langfristiger Renditen gestiegen sind, folgte oft eine Rezession. Sowohl für Deutschland als auch für die USA ist dieses Muster empirisch untersucht worden: So ging den letzten acht Rezessionen immer eine Inversion der Zinsstrukturkurve von US-Treasuries voraus. Eine Inversion der US-Zinsstruktur, der etwa einem Jahr später keine Rezession folgte, trat zum letzten Mal 1966 auf." – Die Zinsstrukturkurven in den USA und im Euro-Raum sind seit 16 Monaten invers.
  • Der Conference Board Leading Economic Indicator (LEI) misst Stimmungsvariablen wie Konsumenten- und Einkaufsmanagererwartungen, Immobilienmarkt, Auftragseingang und ‑bestand, Arbeitsmarkt, Finanzierungsbedingungen und nicht zuletzt die Stimmung am Aktienmarkt. Der LEI befindet sich seit Juli 2022 im negativen Bereich. In der Rückbetrachtung erfolgte in allen vergleichbaren Konstellationen seit 1980 eine Rezession.

[1]   Die Einordnung als Spätindikator ist insofern korrekt, als die Arbeitslosigkeit in aller Regel ihren Höhepunkt in dem Augenblick erreicht, wo die Wirtschaft bereits wieder umschwingt.

[2]   Ausnahme: Die kurze und ohne Vorboten erfolgte Rezession aufgrund der Corona-Pandemie.

[3]   Von einer negativen bzw. inversen Zinsstrukturkurve spricht man, wenn – abweichend von der Norm – kurz laufende Anleihen höher rentieren, als lang laufende. Der "kurze Zins" wird wesentlich von den Notenbanken beeinflusst.

... LEGEN WEITERHIN VORSICHT NAHE

Mithin sieht es – zumindest auf der Grundlage dieser Beobachtungen – nicht so aus, als stünden die Hoffnungen auf eine sanfte Landung auf historischem Fundament. "Touch-and-Go" ist in der Rückschau ein seltener Konjunkturverlauf und wir haben uns mit der Möglichkeit auseinanderzusetzen, dass eine wirkliche Rezession, sofern sich Geschichte reimt, längst nicht abgewendet ist. Es stellt sich dann die Frage, wie verwandt sie mit der "Durchschnittsrezession" wäre, die seit dem Ende des 2. Weltkriegs im Mittel knapp ein Jahr andauerte und die Wirtschaft um 2 % abschwächte. Und wie könnten die Kapitalmärkte eine Veränderung der Datenlage im Zeitablauf interpretieren? Bekanntermaßen wäre noch nicht viel gewonnen, wenn es gelänge, die Konjunkturentwicklung halbwegs zutreffend einzuschätzen. Für Anleger und Vermögensverwalter wäre wichtiger zu antizipieren, wie die Märkte darauf reagieren. Leider hat in der Rückbetrachtung seit 1945 ausnahmslos jeder Beginn einer Rezession – verbunden mit der ersten Zinssenkung – tatsächlich mehr oder weniger große Kursverluste an den Aktienmärkten ausgelöst, im Durchschnitt 16,5 % vom Beginn bis zum jeweiligen Tiefstpunkt der Rezession.

Um nicht den Eindruck vermeintlicher Gewissheit zu hinterlassen: Was wir wirklich wissen, ist, dass sich kurzfristige Marktbewegungen nicht mit dem Rechenschieber, nicht mit dem Wälzen dicker Bücher, nicht mit dem Wissen historischer Zusammenhänge, nicht mittels KI und auch nicht vor dem Hintergrund jahrzehntelanger Erfahrung voraussagen lassen. Überraschende Auswüchse in die eine wie in die andere Richtung sind immer möglich. Dies gilt besonders, wenn die geopolitische Situation fragil ist. Eine hohe Zuverlässigkeitsgewähr dagegen hat die Aussage, dass die Investition in Sachwerte langfristig immer lohnt, egal zu welchem Ausgangszeitpunkt. Darum bleibt es eine gute Idee, Qualitätstitel zu halten und auch Täler mit ihnen zu durchschreiten. Für Qualität gelten unverändert die Kriterien Relevanz der Produkte oder Dienstleistungen, Preissetzungsmacht, Innovation.

AUS DER KRISE GELERNT

Global lässt sich beobachten, dass die Unternehmen weltweit gute Lerneffekte aus dem Eindruck permanenter Krisen gezogen zu haben scheinen und gut aufgestellt sind: Die Lieferketten haben sich entspannt und zudem haben die Unternehmen begonnen, ihre Zulieferquellen regional zu diversifizieren. Wo die Energiekosten eine hohe Belastung darstellten, wurden andere Fertigungs­standorte gesucht. Unternehmen mit guter Kreditnehmerqualität haben in der Niedrigzinsphase langfristig Finanzierungen abge­schlossen und bleiben von den zurückliegenden Verschlech­terungen der Finanzierungs­kondi­tionen weitgehend unberührt. In vielen Ländern konnten Arbeit­nehmer kräftige und die Inflation übersteigende Ein­kommens­zu­wächse durchsetzen und damit höhere Real­einkünfte realisiert. Vielen Unter­nehmen ist es aber gelungen, Produktions­kosten­steigerungen an die Verbraucher weiter­zu­leiten und inflations­bereinigt sogar die Preise zu erhöhen. Ausge­nommen sind einige konjunktur­sensitive Unternehmen und Bran­chen, in denen derzeit ein Verdrängungs­wett­bewerb tobt – so zum Beispiel bei (Elektro)Autos oder bei Solar- und Windkraft­anlagen.

REGIONALE UNTERSCHIEDE

Die treibende Wirtschaftskraft bleibt derzeit fraglos Amerika. Der Wachstumsschwerpunkt liegt auf Dienstleistungen und Technologie, aber auch die dortige Industrieproduktion bewegt sich auf einem hohen, vorpandemischen Niveau und die Kapazitätsauslastung liegt nahe dem Durchschnitt der letzten Jahrzehnte. Der Arbeitsmarkt ist anhaltend stabil, die Realeinkommen wachsen, das Konsumverhalten – und damit der wichtigste Konjunkturtreiber – erscheint robust. Die Unternehmensgewinne haben im Vorjahresvergleich wieder positives Terrain erreicht. Der Staat sieht sich als Wirtschaftsförderer No. 1 und der sogenannte Inflation Reduction Act stellt ein massives Förderprogramm für die US‑Industrie dar, mit dem zugleich die Energiewende angestoßen wird. Ca. 380 Mrd. USD staatliche Direk­tinvestitionen und etwa genauso umfangreiche Subventionen sollen in den nächsten zehn Jahren in die Wirtschaft fließen. Wie selbstverständlich wird im Zusammenhang damit allerdings eine sprunghaft steigende Neuverschuldung akzeptiert, die zuletzt für europäische Verhältnisse unglaubliche 8 % vom BIP überschritten hat.

Ein hohes Momentum geht fortgesetzt auch vom asiatischen Raum aus. Zwar kämpft China derzeit mit den Anpassungsprozessen nach Überwinden der Coronakrise, mit dem Verfall von Immobilienpreisen und mit Erschwernissen im internationalen Handel. Gleichwohl wurden in 2023 wieder ca. 5 % Wachstum erreicht. Den Staffelstab "Bevölkerungsreichstes Land der Erde" musste China im vergangenen Jahr allerdings an Indien abtreten und sich auch in Bezug auf das Wirtschaftswachstum vom südwestlichen Nachbarn überholen lassen. Der IWF erwartet für das abgelaufene Jahr in Indien 6,1 % Wachstum für 2024 knapp 7 %. Währenddessen ist man in Japan derzeit sehr froh über die zurückgekehrte Inflation, war man doch jahrelang in einer Deflationsschleife gefangen. Nun hat man den Anstieg längere Zeit gewähren lassen und deutet erst spät kontrolliertes Eingreifen an. Die Wirtschaft wird dies kaum beeinträchtigen, profitiert das Land doch zunehmend vom aufstrebenden Indien und von der zunehmenden Skepsis der westlichen Welt gegenüber China. Allein in Europa ist kaum Licht am Ende des Tunnels sichtbar. Die Analysten schätzen hier bis einschließlich Q1/2024 noch deutliche Gewinnrückgänge gegenüber Vorjahr. Das Staatengebilde ist in behördlicher Bürokratie und politischen Blockaden verstrickt, die sich wie Mehltau über jegliche wirtschaftliche Aktivität zu legen scheinen.

2024 DÜRFTE VOLATIL BLEIBEN

In 2023 sind die Aktienmärkte ganz wesentlich von der Nachfrage nach den Technologieführern getragen worden. Die Magnificent Seven[1] führten US-Indices und mittelbar die Weltbörsen zu den unerwarteten Kursanstiegen. Erst sehr spät im Jahr konnten sich auch Unternehmen aus der
zweiten und dritten Reihe von ihren Tiefständen aus 2022 lösen und etwas Boden gutmachen. Es
würde den Aktienmärkten in 2024 gut tun, wenn diese noch junge Entwicklung Fortsetzung fände und ein Innovationszyklus (KI, Robotik, Biotechnologie, Energieeffizienz) sich in der ganzen Breite aller börsennotierten Unternehmen zeigte.  Unser Fokus – auch in der Positionierung des CONCEPT Aurelia Global - liegt im Besonderen auf dem Chancenpotenzial dieser Werte, die wir weniger in Europa und eher im US-Technologiemarkt finden.

In 2024 scheint wieder zunehmende Volatilität der Begleiter der Märkte zu werden. Schließlich steht die Hälfte der Weltbevölkerung vor politischen Wahlen, so viel wie noch nie. Von globalem Interesse dürfte deren Ausgang zu allererst in den USA, in Taiwan, in der EU, aber auch in Indien und Großbritannien sein. Das globale konjunkturelle Bild und die damit verbundenen Zinserwartungen sind noch diffus und auch geopolitische Entwicklungen können jederzeit zusätzliche Irritationen hervorrufen. Somit scheint weiterhin eine breite und diversifizierte Portfoliozusammensetzung geboten, welche verzinsliche Titel und Liquidität als strategische Größe einbezieht. Volatilität bietet jedoch immer auch Chancen für den Einstieg in viele Segmente, die schon heute eine nicht zu hohe Bewertung aufweisen. Diese Opportunitäten zu nutzen, verspricht auch in 2024 wieder eine anspruchsvolle Herausforderung zu werden.

Wir wünschen allen Mandanten und Interessenten mit ihren Familien ein wieder friedvolleres, gesundes und erfolgreiches Jahr 2024.

Bielefeld, den 27.12.2023

 

[1]   Die Magnificent 7 sind Apple, Nvidia, Alphabet, Meta, Amazon, Tesla und     Microsoft. Sie nehmen im S&P 500 ein Gewicht von knapp 30% ein.

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