Vertrauensfrage

Mittlerweile über 10 Millionen Menschen haben sich mit dem Corona-Virus infiziert. Infolgedessen hat die Weltkonjunktur einen administrierten Absturz erlitten, wie zu keiner anderen Zeit nach 1940. Dennoch sterben weltweit täglich noch immer ca. 4.000 Menschen an oder mit Covid-19 und die Neuinfektionszahlen sind derzeit doppelt so hoch, wie am gefühlten Peak der Pandemie Ende März dieses Jahres. Dessen ungeachtet haben sich die Weltbörsen – nach vorangegangenem Absturz um mehr als ein Drittel – nun vielerorts wieder nahe an die Vor-Corona-Niveaus heran bewegt, in Einzelfällen sogar darüber hinaus. Wie kann das sein, fragt sich nicht nur der erstaunte Laie.

Altmeister Kostolany bediente sich gern der Metapher eines Spaziergängers mit Hund, wenn er die Wechselwirkungen zwischen Konjunktur und Börse beschrieb. Der Hund sei mal voraus und mal hintendran, immer aber seien beide in der gleichen Richtung unterwegs. Augen­blicklich, so scheint es, ist der Hund von der Leine und den Augen des Spaziergängers hinter dem nächsten Hügel entschwunden, denn selten war die Diskrepanz zwischen Börsen- und Konjunkturentwicklung größer als heute.

Wir wissen nicht, ob der Hund hinter der Kuppe wartet, weiter vorausjagt oder ob der Spaziergänger sich nun eilen wird, seinem Hund nachzulaufen. Was wir aber als wahrscheinlich erachten, ist, dass beide die Richtung beibehalten werden, in die der Hund entschwunden ist. Damit sei an dieser Stelle wieder das Fazit der folgenden Ausfüh­rungen vorangestellt: Die Konjunktur wird sich erholen; aus dem Umfeld von Arbeit und Kapital sind dementsprechende Indikatoren unübersehbar, wenngleich ungeklärt ist, wie viel Zeit die Erholung in Anspruch nehmen mag. Die Börse allerdings hat bereits in großem Umfang und wesentlich schneller als viele Investoren (uns eingeschlossen) das erwartet hätten, eine V-förmige (also sehr schnelle) Konjunkturwende antizipiert. Positive Überraschungen dürften somit im 2. Halbjahr 2020 seltener werden. Insofern könnten die Börsen in eine ruhigere Gangart wechseln und – um im Bild zu bleiben – Warte- und Verschnaufpausen einlegen, hin und wieder auch mal zurücklaufen, um zu schauen, wo der Spaziergänger bleibt.

Standortbestimmung

Konjunkturell gesehen sieht es derzeit aus wie auf einem Trümmerfeld:
Der Weltwährungsfonds schätzt in seiner jüngsten Analyse einen Einbruch um weltweit 5 % in diesem Jahr, gefolgt von einem 5,4 %igen Anstieg in 2021. Im Durchschnitt für 2020/21 ergäbe dies zusammengenommen ungefähr den gleichen jährlichen Wirtschaftsausstoß wie vor der Krise, mithin eine Wachstums-Nullrunde über zwei Jahre. In seiner Februar-Prognose war der IWF noch von durchschnittlich 2,5 % Wachstum p.a. ausgegangen. Nun aber werden sich die weltwirtschaftlichen Einbußen in 2020/21 auf möglicherweise 9 Billionen USD belaufen[1]. Damit sind die Auswirkungen erheblich gravierender als während der Finanzkrise vor gut 10 Jahren. In 2008 schrumpfte das Weltwirtschaftswachstum um gerade einmal 0,1 %, während sich im Jahr darauf bereits wieder 3 % Wachstum einstellten, über zwei Jahre also ein Plus von 2,9 %. Der Ausfall im Welt-BIP ggü. den ursprünglichen Prognosen betrug seinerzeit 4 Billionen USD[2].

  • Innerhalb von gut zwei Monaten hat sich die US-Arbeitslosenrate von einem Fünfzigjahrestief auf derzeit knapp 20 % heraufkatapultiert. Zuletzt wurde dieses Niveau 1932 erreicht, als das BIP um 15 % zurückging. Die Entwicklung in Europa verläuft ähnlich, hier wird drohende Arbeitslosigkeit lediglich durch Kurzarbeit kompensiert.
  • Die Konsumausgaben sind so stark rückläufig wie seit Beginn der Aufzeichnungen 1959 nicht.
  • Die Weltwirtschaft wurde administrativ unter Stress gesetzt, während die Unternehmens­bilanzen – bereits vor Corona – historisch rekordhohe Verschuldungen auswiesen. Mit den Aufkaufprogrammen der Notenbanken, die nun auch minder qualitative Unternehmens­anleihen kaufen, erhält die Verschuldungsdynamik zusätzlichen Schwung. Auch Junkbond-Emittenten sind so aktiv wie seit drei Jahren nicht. Gerade in den USA kann das Kippmoment für tausende Unternehmen, deren Geschäftsmodell nur unter der Voraussetzung extrem günstiger Finanzierung funktioniert, durch leichteste Berührung ausgelöst werden.
  • Bis Mai sind weltweit bereits über 100 Unternehmensanleihen ausgefallen, d.h. nicht zurückgezahlt worden. Nur 2008 lag die Zahl höher.
Anleihenausfälle global / Quelle: IWF (Säulen: jeweils bis einschl. Mai, Linie: jeweiliges Gesamtjahr)

Quelle: IWF (Säulen: jeweils bis einschl. Mai, Linie: jeweiliges Gesamtjahr)

[1]   Quelle: IWF
[2]   Quelle: Deutsche Bank Research

Die Börsen scheinen entkoppelt

All das scheint die Börse überhaupt nicht wissen zu wollen. Fast so rasant wie der Absturz der Kurse im März verlief die Wiederaufholjagd. Im MSCI World sind etwa ¾ der Kursverluste bereits wieder aufgeholt. Von der Geschwindigkeit des Wiederanstiegs waren viele überrascht. Wer angesichts der Schwere der Krise (stärkster Wirtschaftseinbruch nach dem 2. Weltkrieg) und der ungewissen Dauer der Pandemie (milliardenfach anwendbarer Impfstoff noch länger nicht in Sicht) eher vorsichtig agierte, ist aktuell im Hintertreffen.

Ursächlich für den Stimmungswandel war – einmal mehr – frisches Geld, das bildlich gesprochen in Kübeln über Wirtschaft und Volk gegossen wurde. Niemals zuvor haben Staaten und Notenbanken innerhalb weniger Wochen finanzielle Unterstützung in Form von Zuschüssen, Krediten, Garantien und Kaufprogrammen in auch nur vergleichbarem Umfang beschlossen. Die G10-Zentralbanken haben in zwei Monaten mit knapp 6 Billionen USD soviel Liquidität ins System geleitet, wie insgesamt während der sechs Jahre davor. Das Volumen liegt etwa doppelt so hoch, wie zur Zeit der Finanzkrise, als innerhalb eines halben Jahres 2,6 Billionen USD injiziert wurden. Im Unterschied zu damals, als zumindest europaweit Austerität verordnet wurde, haben die Regierungen nun mit großen Händen aus den öffentlichen Kassen geschöpft. Laut IWF[3] werden die direkten Staatshilfen der G20 nach bisherigen Planungen 9 Billionen USD erreichen, sowohl über direkte Zuschüsse als auch über Kredite, Beteiligungen oder Bürgschaften. Das damit einhergehende Budgetdefizit (Neuverschuldung) wird im Mittel 10 % des jeweiligen BIPs überschreiten.

Zuschüsse und Kredite global / Quelle: IWF, Fiscal Monitor April 2020 (Kredite/Bürgschaften für 2008/09 wurden nicht recherchiert)

Quelle: IWF, Fiscal Monitor April 2020 (Kredite/Bürgschaften für 2008/09 wurden nicht recherchiert)

[3] https://blogs.imf.org/2020/05/20/tracking-the-9-trillion-global-fiscal-support-to-fight-covid-19/

Eine Symptombehandlung ...

Allen seriösen Analysen öffentlicher und privater Institute zufolge werden die Stimulanzien nicht ausreichen, um die vorerwähnte konjunkturelle Delle zu vermeiden. Bereits heute ist absehbar, dass nicht nur die Arbeitslosenzahlen sondern auch Unternehmensinsolvenzen und Anleihen­ausfälle Höchststände erreichen werden, die 2008/09 zu übertreffen drohen. Gleichwohl sind die staatlichen Mittel geeignet, die Symptome bei den Betroffenen zu lindern und Ketten­reaktionen zu vermeiden, wenn auch um den Preis noch einmal sprunghaft steigender Staats­ver­schuldungen, die schon vor diesen Maßnahmen auf Top-Niveau lagen.

... mit Begleitwirkungen

Im Unterschied zu fiskalischen Stimuli, die meist zeitverzögert wirken, sich zu einem gewissen Teil auch als fehlgeleitet erweisen dürften oder im Einzelfall sogar gänzlich verpuffen, löst monetäres Adrenalin offenbar noch immer mit großer Zuverlässigkeit (re)vitalisierende Reaktionen an den Kapitalmärkten aus. Dies durchaus ungeachtet der Imponderabilien, welche die Umsatz- und Gewinnaussichten der Unternehmen betreffen. Die Investoren blicken über den wirtschaftlichen Graben, den Politik und Notenbanken mit einer Brücke aus Geldscheinen überspannt haben, und hoffen auf die Tragfähigkeit dieses Konstrukts. Stabilisierend wirken sich dabei zuallererst die nun auch wieder in Amerika niedrigen Zinsen sowie einige sich inzwischen verbessernde Stimmungsindikatoren aus. So heben die Einkaufsmanagerindizes weltweit deutlich ab und auch der deutsche ifo-Geschäftsklimaindex legt so stark zu, wie bisher noch nie gemessen.

Durchschau durch die Krise

Gleichwohl ist nicht ausgemacht, dass die Börsen ab jetzt das Post-Corona-Szenario spielen werden, zu zahlreich sind die Risikofaktoren. Solange die Börsen an einem Tag um 4 % anspringen, um am Folgetag 3 ½ % zu verlieren (Einzelwerte machen das durchaus mit zweistelligen Prozentsprüngen), gibt es offenbar eine hinreichende Anzahl an Argumenten sowohl für risikofreudige als auch für bewahrende Investoren. Die Börsen blicken durch die Krise hindurch und spielen das dahinter erscheinende Szenario, so wird argumentiert. Augenscheinlich aber ist das "Dahinter" noch nicht sehr klar zu erkennen, weswegen der Volatilitätsindex VIX nach Beruhigung des Bebens bislang nicht wieder auf sein Ausgangsniveau zurückgefallen ist, sondern auf relativ hohem und Nervosität signalisierendem Niveau verharrt. So könnte es sein, dass uns ein aprilartiger Börsensommer bevorsteht, wo noch im schönsten Sonnenschein plötzlich ein Schauer niederregnen kann:

  • Auf der Sonnenseite können wir die rekordhohe Liquidität verbuchen, die aufgrund der niedrigen Zinsen und zum Teil leergefegter Anleihenmärkte nach alternativen Anlagen sucht.
Geldmarktfonds USA / Quelle: FED

Quelle: FED

  • Während in Rezessionen üblicherweise die Zinsen auf Unternehmensanleihen steigen, blieb der Effekt dieses Mal aus, weil die Notenbanken gezielt auch Anleihen der 3. und 4. Reihe aufkaufen. Damit ist die Finanzierung für die Unternehmen (vorerst) gesichert und den Kapitalanlegern in diesem Marktsegment eine attraktive Verzinsung verwehrt.
  • Börsianer lieben die zweite Ableitung: Wichtiger als absoluter Umsatz oder Gewinn ist deren Wachstum und noch wichtiger deren Beschleunigung, wenn auch von niedrigem Niveau. Sollten sich die Lockdowns weiterhin entspannen, könnten Umsätze und Gewinne mit bisher nicht gekannter Beschleunigung zulegen und dabei vergessen machen, von welch niedriger Basis aus die Zuwächse erfolgen und dass die absoluten Zahlen einige Zeit unter den Vorjahresdaten verharren.
  • Wenngleich die Einkaufsmanagerindizes in den meisten Ländern unter 50 liegen und damit (noch) kein Wachstum signalisieren, ist doch der Umschwung von den Tiefstständen bemerkenswert. Statistisch gesehen wird ein Durchbrechen der 50er-Wachstumsschwelle häufig von gutem Börsenklima verfolgt.
Quelle: Tradingeconomics.com

Quelle: Tradingeconomics.com

  • Die Fondsmanager weltweit beobachten die Marktentwicklung mit Argwohn. Laut der letzten Umfrage der Bank of America glauben 57 % der Teilnehmer, die aktuelle Entwicklung sei lediglich eine Aufwärtsbewegung im übergeordneten Abwärtstrend. So viele Teilnehmer wie seit 1998 nicht halten die Märkte derzeit für überbewertet. Unabhängig davon, wie man zu diesen Annahmen steht, wird man unterstellen können, dass die befragte Mehrheit nicht sehr stark investiert ist und dies zu ggf. steigenden Kursen nachholen müsste, würde ihre Erwartung nicht aufgehen.

Unklare Perspektive

Wie schon oft in den letzten Jahren befinden wir uns inmitten historisch nicht gekannter Umstände, die keine Anker bieten, an denen man Orientierungspunkte abstecken könnte. Auf der negativen Seite wird aktuell an erster Stelle das Risiko gesehen, dass die Pandemie – auch in schon beruhigten Regionen – wieder aufflammt. Corona ist solange nicht vorbei, wie kein Impfstoff gefunden und verabreicht oder eben die Bevölkerungen durchseucht sind. In Amerika, Indien und Brasilien werden aktuell so viele Neuinfizierte gemeldet wie bisher nie, was sehr deutlich ein anhaltend hohes Risiko erneuter globaler Ausbreitung signalisiert.

  • Nationalweite Lockdowns, wie sie wohl von den Bürgern in den meisten Ländern begrüßt wurden, dürfte es – man möchte sagen kann es – nicht ein weiteres Mal geben. Nach den sich abzeichnenden psychosozialen und wirtschaftlichen Folgen dürfte dazu auch wenig Bereitschaft bei den Bürgern zu erwarten sein. Die schon jetzt aufs Äußerste angespannten Staatshaushalte ließen zudem eine weitere Intervention dieser Art wohl nicht zu. Das Management eines erneuten Ausbruchs könnte sich mithin als äußerst herausfordernd erweisen.
Covid-19-Neuinfektionen / Quelle: European Centre for Disease Prevention and Control

Quelle: European Centre for Disease Prevention and Control

  • Ungeachtet der staatlichen Stützungsmaßnahmen rechnen viele Konjunkturforscher mit Spätfolgen wie Pleitewellen und anhaltend erhöhter Arbeitslosigkeit. Zumindest die aktuellen Daten rechtfertigen die Skepsis, denn obwohl die Lockdowns nahezu überall schon wesentlich gelockert sind, gehen Kurzarbeit und Arbeitslosenraten bisher nur wenig zurück, während die Anzahl der Insolvenzen bereits jetzt steigt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass insbesondere in Europa mehr als die Hälfte der Fiskalprogramme keine Zuschüsse, sondern Darlehen darstellen, verbunden mit der Pflicht, Zins und Tilgung zu bedienen.
  • Auch das auf niedrigem Niveau verharrende Verbrauchervertrauen stützt bisher nicht die positive Erwartung der Einkaufsmanager. Die tatsächlichen Ausgaben der privaten Verbraucher sind so stark rückläufig wie seit Beginn der Aufzeichnungen 1959 nicht; das haben auch Amazon & Co. nicht abwenden können. Konjunkturanalysten wie auch der IWF erwarten bislang eine nur zurückhaltende Rückkehr von Investitionen, Vertrauen und Verbraucher­ausgaben.
Quelle: OECD, FED

Quelle: OECD, FED

  • Die tatsächlichen Resultate im Hinblick auf Umsätze und Gewinne könnten leicht hinter die Erwartungen der Unternehmen und der "Märkte" zurückfallen. Bisher liegen die Konsensus-Erwartungen für den MSCI World bei einem Gewinnrückgang in 2020 um 20 % (in Q2: minus 50 %). Während der Finanzkrise 2008/09 allerdings hatten bspw. die Unternehmen im S&P 500 einen Einbruch ihrer Gewinne um über 70 % auf Jahressicht zu beklagen[4]. Auch in diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie nachhaltig jetzt aufgenommene Überbrückungs­darlehen refinanziert sind, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Unternehmensverschuldung weltweit bereits vor Beginn der Pandemie historisches Höchstniveau erreicht hat.
  • Börsen eskomptieren die vorausliegende Entwicklung der Wirtschaft. Darum ist der Hund nicht selten dem Spaziergänger ein paar Meter voraus und es kann ein gefühlter Widerspruch zwischen Wirtschafts- und Börsenentwicklung entstehen. Gemäß einer Analyse des IWF ist diese Divergenz derzeit im historischen Vergleich extrem ausgeprägt. Dies besonders unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Wirtschaft schon vor Ausbruch der Pandemie zu straucheln begann und die USA im Februar bereits in die Rezession rutschte[5].
Quelle: IWF

Quelle: IWF

  • Nicht zuletzt ist zu berücksichtigen, dass sich die Vereinigten Staaten auf die im November stattfindende Präsidentschaftswahl zubewegen. Eine wahrscheinlicher werdende Entscheidung zu Gunsten der Demokraten (die dann möglicherweise beide Häuser dominieren) würde von der Börse wohl nicht goutiert werden, hat Trump doch eine sehr kapitalfreundliche Politik (Steuern, Gesundheit) geprägt, die mit einem Wahlsieg Bidens teilweise umgekehrt werden könnte.

[4] Quelle: www.Multpl.com
[5] Quelle: National Bureau of Economics

Eine Frage des Vertrauens

Unter den genannten Vorzeichen mag in den kommenden Wochen und Monaten an den Börsen noch um die Richtung gerungen werden und die Volatilität hoch bleiben. Elementar wichtig für Investoren, Konsumenten, Arbeitnehmer und Selbständige wäre das Vertrauen in eine – wenn nicht rasante, so doch aber zuverlässig erwartbare – Wiederbelebung und Bekräftigung der Wirtschaft. Vielleicht fehlt es hier und da noch am politischen Bekenntnis, keinen Betrieb unverschuldet in Not zurückzulassen. Vielleicht fehlt auch hier und da noch der Mut, die Lockerungen nun ähnlich konsequent – und für die Bürger nachvollziehbar – durchzuführen, wie vor einem Vierteljahr die Vollbremsung der Wirtschaft. Und gewiss bedarf es guter Strategien zur Begrenzung neuer Verbreitungsherde des Virus und derer transparenten Kommunikation. Dann werden die Menschen aus ihren Home-Offices hervorkommen, sie werden wieder mit Freude einkaufen, in Restaurants und auf Reisen gehen (auch außerhalb des Heimatlandes). Unsere Wirtschaft basiert im Wesentlichen auf den Konsumenten und auf deren Vertrauen in ihre Arbeitsplätze, ihre Einkommen und ihre Entfaltungsmöglichkeiten. Die teilweise disruptive Wirkung der ergriffenen Maßnahmen hat dieses Vertrauen erschüttert, während die ihr innewohnende schöpferische Energie noch unterinterpretiert scheint. Der Trend hin zur Digitalisierung, zur Konnektivität von Industrie und Dienstleistung sowie zur kritischen Beurteilung des Ressourcenverbrauchs war schon vor Corona angelegt und hat durch die Pandemie nun einen Beschleunigungsimpuls erfahren. Der sozioökonomische Wandel wird sich schneller vollziehen als bisher. Er wird – das beweist die Geschichte – eine größere Vielfalt an Wahlmöglichkeiten und Lösungsangeboten bereithalten, nicht weniger. Dies gilt durchaus auch für den traditionellen Unternehmenssektor, sofern er sich neuen Technologien öffnet.

Nervöser Sommer

Für die Kapitalmärkte wird man von einer Annahme mit nicht allzu großer Kühnheit sicher ausgehen können: Corona wird irgendwann überwunden oder absorbiert sein, während das viele Geld aber im System bleibt. Und so werden die Zinsen noch länger auf Nahe-Null-Niveau verharren, als sich dies noch vor Covid-19 abzeichnete. Die liquiden Mittel suchen unverändert nach Anlage und sollten – möglicherweise unter größeren Schwankungen – die Preise für Sachwerte hoch halten und ggf. weiter treiben. Wenn die Zinsen bei nahe Null liegen, so bedeutet das für Anleihen in vielen Fällen eben auch eine Rendite unter Null, zumal nach Abzug der Inflation. Somit dürften Rentenpapiere auch auf längere Sicht weiterhin lediglich deshalb eine Rolle im Vermögenskontext spielen, weil es nicht klug wäre, die gesammelte Liquidität dem Risiko eines Bankkontos auszusetzen.

Regional ist mit Blick auf die US-Wahl und auf die zins- und rohstoffbedingt geringer gewordene Dollarattraktivität eine Rotation des Interesses in Richtung Europa vorstellbar, zumal hier in der Marktbreite die Bewertungen günstiger erscheinen. Hinsichtlich der Branchenauswahl wird der trendverstärkende Effekt für den Technologiesektor zu berücksichtigen bleiben, wo inzwischen Höchstkurse erreicht wurden. Unser CONCEPT Aurelia Global profitiert hier in hohem Maße von seiner zukunftsorientierten Ausrichtung. Es ist vorstellbar, dass auch die zuletzt überverkauften Werte der klassischen Fertigungs- und Dienstleistungsindustrie nun aufholen, denn zum einen werden die Menschen das Vertrauen in ihren analogen Alltag zurückgewinnen und zum anderen benötigt auch die digitale Expansion klassische infrastrukturelle Komponenten und Dienstleistungen.

Der Entscheid für die große Richtung an den Kapitalmärkten dürfte – wenn ein Überrolltwerden von einer "zweiten Welle" vermieden werden kann – wiederum zugunsten von Sachwertanlagen ausgehen und die Börsen weiter treiben. Für das gegenteilige Szenario erscheint Geld einfach zu leicht verfügbar. Wir bevorzugen eine neutrale Gewichtung von Aktien, um zeitweilige Schwächephasen zu selektiven Zukäufen nutzen zu können.

Bielefeld, 3. Juli 2020
Matthias Steinhauer

Rechtliche Hinweise

Diese Publikation wurde von der CONCEPT Vermögens­management GmbH & Co. KG (CONCEPT) erstellt. Sie dient ausschließlich der Information und darf ohne ausdrückliche Einwilligung von CONCEPT nicht nachgedruckt oder öffentlich zugänglich gemacht werden.
Die in dieser Publikation enthaltenen Informationen beruhen auf Quellen, die CONCEPT für zuverlässig erachtet, jedoch keiner neutralen Kontrolle unterzogen hat. Die Informationen sind öffentlich zugänglich. CONCEPT übernimmt keine Gewähr und keine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen. Die in dieser Publikation vertretenen Meinungen stellen die Auffassung des Verfassers dar und können sich jederzeit ändern. Solche Auffassungsänderungen müssen nicht  publiziert werden.

Den in dieser Publikation enthaltenen Angaben liegen historische Daten sowie die Einschätzungen künftiger Marktentwicklungen von CONCEPT zu Grunde. Diese Markteinschätzungen sind auf der Basis von Analysen gewonnen worden, die mit der gebotenen Gewissen­haftigkeit und Sorgfalt erstellt worden sind. Dennoch kann CONCEPT für ihr Eintreten keine Gewähr übernehmen. Der Wert eines darauf abstellenden Investments kann sinken oder steigen, der investierte Geldbetrag möglicher­weise nicht zurück erhalten werden.

Information zum Datenschutz gemäß EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)

CONCEPT Vermögensmanagement verarbeitet personenbezogene Daten der Empfänger dieser Ausarbeitung (Name, Vorname, ggf. Titel, Anschrift und ggf. E-Mail-Adresse). Gemäß Art. 6 der DSGVO erfolgt die Verarbeitung der Daten aufgrund Einwilligung des Empfängers oder aufgrund berechtigten Interesses des Verantwortlichen rechtmäßig. CONCEPT Vermögensmanagement verwendet die Daten vertraulich und wird sie nicht an Dritte weitergeben. Der Empfänger kann dem Bezug dieser Information und der Verwendung seiner Daten jederzeit widersprechen. Der Widerspruch ist zu richten an: CONCEPT Vermögensmanagement GmbH & Co. KG, Welle 15, 33602 Bielefeld, Tel./FAX: 0521-9259970/0521-92599719, E-Mail: .