Rebound

Die größte Pandemie seit 1918 und die schlimmste Rezession seit dem Weltkrieg kennzeichneten das Jahr 2020. Von ihm werden größere Veränderungen für unser (Zusammen)Leben ausgehen als von anderen Jahren zuvor. Bei allem Negativen, das mit der Pandemie im Zusammenhang steht und uns vor anhaltende Herausforderungen stellt, sehen wir doch auch die Bereitschaft der Menschen, zusammen­zustehen, sich mit Notwendigem zu arrangieren und ihre Fähigkeit, sich an dramatisch verändernde Umgebungs­bedingungen anzupassen und das sozioökonomische System aufrechtzuerhalten.

Der geneigte Leser erwartet an dieser Stelle (inzwischen schon traditionell) die Zusammen­fassung der hier diskutierten Thesen: Die ergriffenen wirtschaftsfördernden Maßnahmen seitens Regierungen und Notenbanken erscheinen sinn- und wirkungsvoll; bessere Alternativen hätte es kaum gegeben. Vor dem Hintergrund der signalisierten Bereitschaft, weiterhin alles Notwendige zur Aufrecht­erhaltung unserer sozio­ökonomischen Lebens­bedingungen zu tun, sollte sich das wirtschaft­liche Umfeld wieder kräftigen können. Dabei sind in etlichen Bereichen Aufholeffekte möglich, die den Vorlauf der Kapitalmärkte begründen und weiter stützen. Eine fundierte Einschätzung der kurzfristigen Perspektiven ist aufgrund der Abhängigkeit vom Erfolg der Pandemie­bekämpfung seriös nicht möglich.

Im Rückblick war 2020 der große Cut, als die globale Wirtschaft so stark einbrach, wie nie zuvor nach dem Ende des 2. Weltkrieges. So wird nach Schätzungen des IWF die Weltwirtschaft um über 4 % geschrumpft und der Welthandel um über 11 % abgeschwächt sein. Einzig China kann die Pandemie noch mit einem Miniwachstum von ca. 1 % hinter sich lassen, was allerdings für ein Land, das Wachstumsraten von über 6 % gewohnt ist, ebenfalls fast einer Rezession gleichkommt. Mit massiven Einschränkungen öffentlichen Lebens, wirtschaftlicher Aktivität und persönlicher Rechte haben sich die Länder gegen die Ausbreitung des Virus gestemmt. Von A wie Australien bis Z wie Zypern waren Lockdowns an der Tagesordnung, zum Teil über mehr als drei Monate lang. Politik und Notenbanken leisteten erhebliche Unter­stützung, um die wirtschaft­lichen – und mithin die sozialen – Folgen der Pandemie abzu­schwächen.

Im Unterschied zur Finanzkrise 2008/09 erfolgten die Maßnahmen abgestimmt, zeitgleich und ohne Zögern. Zur Finanzierung von Hilfspaketen gingen die Regierungen 2020 ein Gesamtdefizit von ca. 11 % des weltweiten Bruttosozialprodukts ein, während die Noten­banken in Summe 5 Billionen USD "frisches Geld" zur Verfügung gestellt haben (u.a. um eben jene Defizite zu refinanzieren). Wo bestehende Verein­barungen die gewünschte Neu­verschuldung begrenzt hätten (Maastricht-Kriterien in der EU), wurden diese außer Kraft gesetzt. Wo noch Zinssenkungs­spielraum bestand (in den USA), wurde dieser genutzt. Auch der lange verhinderte Euro-Bond ist nun Wirklichkeit. Ob tatsächlich alle diese Maß­nahmen erforderlich waren, wird man selbst in der Retrospektive kaum wissen können. In ihrer Gesamtheit haben sie verhindert, dass die Weltwirtschaft erneut in eine langanhaltende Wirtschafts- und Finanzkrise verfällt.

Inmitten der Pandemie

Gleichwohl wurden damit nicht alle Probleme gelöst, etliche lediglich in die Zukunft verschoben. Die internationale Staats­verschuldung hat ein neues Level erreicht; ihre Bewältigung wird die Wirtschaft über Jahre in ihrem Potential schwächen. Die Produktivität in vielen Sektoren wird möglicherweise dauerhaft beeinträchtigt; einige Wirtschaftszweige werden ihr Vorkrisenniveau vermutlich nie wieder erreichen. Bei alledem kann trotz der inzwischen begonnenen Impfstrategie leider noch keine Rede davon sein, wir hätten die Pandemie "im Griff". Derzeit sind die Infektions- und Sterberaten auf einem Höhepunkt, der die Spitzen aus dem Frühjahr des Jahres 2020 weit unter sich lässt. Neuerliche Lockdowns waren und sind erforderlich. Sie sind härter als im Frühjahr und werden aller Voraussicht nach die Wirtschafts­daten des abgelaufenen Jahres doch noch einmal abschwächen. Mit der weltweit angelaufenen Impfkam­pagne verbindet sich allerdings die Hoffnung auf eine letztendlich gelingende Eindämmung der Inzidenzraten, auf weitreichende Lockerungen spätestens im 2. Quartal und mithin auf eine baldige und kräftige Erholung der Wirtschaft. Dies böte eine mittelfristige Perspektive für das Gros der Erwerbsbevölkerung, wieder sichere Einkünfte erzielen zu können, ohne die das Fundament unseres gesellschaftlichen Zusam­men­lebens zu erodieren drohte. Nicht zuletzt die Refinan­zierung der kürzlich aufgenom­menen Schulden basiert auf der Fähigkeit, Einkommen zu gene­rieren.

Interessant, bisweilen frappierend, in jedem Fall aber lehrreich verlief das Geschehen an den Kapital­märkten im abgelaufenen und in dieser Hin­sicht sehr anspruchs­vollen Jahr. "You´re looking younger than ever" ist man geneigt zu sagen, sieht man den Märkten doch die tiefste Krise der Nachkriegszeit nicht an. Mit dem Wissen um eine 5 %-Weltrezession hätte wohl kaum jemand die Schlussfolgerung gezogen, dass viele Aktienmärkte – ausgenommen z.B. der Euro Stoxx  –  sogar mit einem Plus aus dem Jahr gehen werden. Im Gegenteil war froh, wer im März, zum Zeitpunkt der ersten Lockdowns, vergleichsweise gering in Aktien investiert war. Die Erfahrung aus den drei zurückliegenden rezessiven Phasen[1] legte in Erwartung eines Wirtschaftseinbruchs historischer Dimension dringend nahe, unterinvestiert zu bleiben.

Einmal mehr zeigten sich die Märkte jedoch beeindruckt von der Entschlossenheit der Notenbanken, alles Notwendige zu tun und vorsorglich sogar darüber hinauszugehen. Die nochmals sinkenden Zinsen und die signalisierte Bereitschaft der Notenbanken, Neuver­schuldungen unbegrenzt zu refinanzieren, erleichterte es den Regierungen, Nothaushalte mit erheblichen Haushaltsdefiziten zu verab­schieden, damit punktuell die Wirtschaft zu stützen und die Menschen für die Auswirkungen der verordneten Rezession zu entschädigen. Rück­schläge bei der Pandemie­bekämpfung vermochten die Märkte jeweils nur sehr kurzzeitig zu irritieren. Im Gegenteil war im Herbst zu beobachten, dass eine sich verschlimmernde Situation bei den Inzidenz­zahlen zwar schlechtere Konjunktur­prognosen für 2020 und 2021 auslöste. Abgesehen von einer kurzen US-Vorwahl­unsicherheit stiegen die Kurse an den Börsen aber weiter, denn die Märkte erwarteten weitere Stützungs­maßnahmen gefolgt von einem wohl späteren aber umso heftigeren Rebound der Wirtschaft.

Auch aktuell gilt augenscheinlich: Obwohl die schlimmste Rezession der letzten 70 Jahre bisher nicht bewältigt ist, sehen die Marktteilnehmer sich perspek­tivisch schon in der Zeit danach. Spätestens seit Beginn der Impfungen wird die Situation als beherrschbar angesehen und die Krise als nunmehr absehbar kurzfristige Störung wahr­genommen. Daran haben der jüngste exponentielle Anstieg der Infektionszahlen wie auch neuer­liche Lock­downs nichts geändert, denn auch darauf haben Regierungen und Notenbanken deutlich reagiert: So hat die EZB noch Mitte Dezember ihr Pandemic Emergency Purchase Program (PEPP) um 500 Mrd. aufgestockt, während die USA noch vor wenigen Tagen ein 900 Mrd.-USD-Konjunktur­programm auf den Weg gebracht haben.

[1] Mittlerer Verlust während den vergleichsweise schwächeren Rezessionen 1990-91, 2001, 2007-09: S&P 500 28 %, DAX 38 %

Was sind die Themen in 2021?

Man wird annehmen können, dass 2021 ganz unter dem Vorzeichen der Bewältigung der Pandemie und der wirtschaftlichen Erholung stehen wird. Dabei sind die Basiseffekte nicht zu unterschätzen: So waren bspw. in Europa die Gewinne der Unternehmen im 2. Quartal 2020 um die Hälfte eingebrochen. Würden sie nun im 2. Quartal 2021 wieder auf nur 80 % ihres Ausgangsniveaus zurücklaufen, so entspräche dies einem Anstieg um deutlich mehr als 60 %. Im Gesamtjahr 2021 könnte sich ein Gewinnanstieg für die europäischen Unter­nehmen in Höhe von gut 40 % ergeben, für die amerikanischen immerhin noch 25 % (dort waren die Gewinne weniger stark ein­gebrochen). Um solche Steigerungsraten in der Vergangenheit auszumachen, müssen wir immerhin bis zur Zeit nach dem Platzen der Internetblase zurückgehen. Diese Erwartungen erscheinen aber realistisch, sofern die Impf­strategie den erhofften Erfolg zeitigt.

Die Zinsen bleiben lange niedrig. Dieser Satz hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel; nun ist er zu unterstreichen. Christine Lagarde hatte schon Ende Oktober darauf hingewiesen, die EZB verfüge über genügend Interventions­instrumente, um zu unterstützen, wo notwendig. Dabei hat sie auch das Einstimmig­keitsprinzip im EZB-Rat und den Verteilungs­proporz innerhalb der EU zur Disposition gestellt. Gleichzeitig hat die amerikanische FED allen Erwartungen eine Absage erteilt, man würde sich abzeichnende Inflationstendenzen unmittelbar im Keim zu ersticken versuchen. Im Gegenteil: Das Inflations­ziel von 2 % wurde um­definiert. Erst ein Überschreiten dieser Marke im mehr­­jährigen Durch­schnitt erzwinge Konse­quenzen. Ein kurzfristiges Überschießen sei kein Handlungs­motiv.

Spätestens seit dem letzten Jahr sind die Notenbanken nun eine Haftungsunion mit den Regierungen eingegangen: Mit der Bereitschaft, auch die extreme Neuverschuldung durch Ankauf von Staatsanleihen zu refinanzieren, haben sie konkludent eingewilligt, dem Geld auf lange Sicht keinen Preis mehr zuzubilligen. Eine Rückkehr zu normalen Verhältnissen, wo der Zins der Preis des Geldes war, würde ein wirtschaftliches Desaster und politische Erdbeben bis zu Staatsbankrotten auslösen. Darum bleibt Inflation auf der Wunschliste der Verantwortlichen, denn zum einen ist sie (in Maßen verabreicht) der Lockstoff für die Wirtschaft und zum anderen die Grund­bedingung für Reflation, also die Möglichkeit, (Staats)Schulden über Inflation bei gleichzeitig niedrigen Zinsen zu entwerten.

Apropos Inflation: Davon ist augenblicklich weit und breit nichts zu sehen. Die Kapazitäts­auslastungen sind derzeit gering, die Beschäftigtenzahlen nur dank Kurzarbeiter- und vergleichbaren Regelungen nicht stärker rückläufig. Der Konsum bleibt verhalten, Preisüberwälzungsspielräume sind derzeit in der Breite nicht gegeben. In den USA lag die Inflationsrate zuletzt bei 1,2 %, in der EU bei ‑ 0,3 %. Selbst in China ist die Inflation dramatisch gefallen, von über 5 % noch im Januar auf lediglich noch 0,5 % im November. Das scheint angesichts der Mengen an "frischem Geld" unplausibel, ist aber mit dem mangelnden Durchsatz in der Realwirtschaft erklärbar, denn auch Geld wirkt viral. Die wirtschaftlichen Beschränkungen beeinflussen Geld genauso wie das Virus – es wird an der Ausbreitung gehindert. Darum ist auch so viel davon erforderlich, um nicht nur wegbrechende Einkünfte auszugleichen, sondern zugleich die Wirtschaft am Zusammen­bruch zu hindern.

Es wird nicht einfach werden, den neuerlichen Trend zur massiven Verschuldung wieder einzufangen. Denn die Regierungen haben gelernt, wie einfach das geht, dass es nichts kostet und dass der Lohn obendrein bessere Umfragewerte in der Bevölkerung sind. Jedwede Neuverschuldung ist finanzierbar – im Augen­blick.

Ohne Risiko keine Rendite

Vor dem Hintergrund dieser Grundannahmen darf nun wirklich nicht mehr erwartet werden, für vermeintlich risikolose Anlagen einen Verzichtsersatz in Form von Rendite zu erhalten. Spätestens jetzt sind Stiftungen, Pensionskassen und institutionelle Anleger weltweit in der Bredouille, wenn zwar Einkünfte erwartet werden, gleichzeitig aber eine möglichst risikoarme Anlagestrategie zugrunde liegen soll. Spätestens seitdem die Zinsen auch in Amerika auf Null definiert wurden, ist Risikobereitschaft die untrenn­bare Begleiterin von Rendite. Der Evergreen TINA steht weiterhin ganz oben in den Charts. – There Is No Alternative, wobei unter "alternativlos" hier einmal mehr die Aktie zu verstehen ist. Selbst bisher standhafte "Verweigerer" werden an dieser Anlage­kategorie nicht mehr vorbei argumentieren können und höhere Risiken in Kauf nehmen müssen. Dies wird ungeachtet mancher Erwartung gelten, dass die erzielbaren Erträge in allen Anlageklassen abflachen werden. Auch werden neue risikoscheuere Marktteilnehmer unter Umständen zur Erhöhung der Volatilität bei­tragen. Jedoch bieten Aktien gerade vor dem Hintergrund der zu erwartenden Reflationierung bessere Möglich­keiten, die Auswirkungen von Geld­entwertung zu kompensieren.

Das Plädoyer für die Aktie bleibt vordergründig auch dem Argument überlegen, die Welt­wirtschaft wie auch die Gewinnentwicklung werden in den Jahren 2020-21 per Saldo eine Nullrunde einlegen, während die Börsenkurse sich bereits verteuert haben. Die Bewertungen seien mithin derzeit sehr ambitioniert. Das ist zutreffend, allerdings wird Covid-19 irgendwann gehen, während das viele Geld im Kreislauf bleibt. Die Geldmenge M1 ist in den USA, in Europa, in Japan und China zusammen­genommen seit Februar um ca. 6 Billionen USD bzw. um 20 % gestiegen. Einiges davon fand seinen Weg nicht in die Wirtschaft, sondern an die Börse.

Nicht frei von Widersprüchen

Die bisher vorgetragenen Ausführungen zur Zins- und Inflationserwartung, zur Ver­schuldungs­neigung und zu der mit Händen greifbaren wirtschaftlichen Erholung sind allesamt "Mainstream" und werden von der Mehrheit der Marktteilnehmer so gesehen. Viele haben verinnerlicht, dass Artikel 3 des Kölschen Grund­gesetzes[2] über die letzte Dekade auch eine gute Börsenregel für Aktien­investoren war. Das Credo: Die Notenbank erlöst die Kapitalmärkte letzten Endes von allem Bösen, koste es, was es wolle. Wer sich in dieser Meinung eingerichtet und sein Portfolio dementsprechend investiert hat, steht aller­dings als Käufer nicht mehr zur Verfügung, um den Markt weiter zu treiben bzw. in Schwächephasen abzustützen. Wenn die Mehrheit so denkt, kann das für die Gesamt­markt­betrachtung gefährlich werden. Insofern ist die Argumentation pro Aktie nicht frei von Widersprüchen.

Schließlich sind die Bewertungen sehr hoch und rangieren für alle Anlageklassen – ob für Aktien, Immobilien, Anleihen, oder auch für Bitcoins – mindestens im oberen Quartil. Einige klassische Bewertungsmaßstäbe wie z.B. das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) werden zum Teil gar nicht mehr diskutiert, weil scheinbar unbrauchbar. Denn in Relation zum Anleihezins strebt das annähernd gerechtfertigte KGV zum Kehrwert von knapp Null, also gegen unendlich. Aber auch andere Bewertungs­maßstäbe wie z.B. das Kurs-Buchwert-Verhältnis sind in vielen Märkten hoch. So überschreitet der S&P 500 das 4fache seines Buchwertes, was zuletzt nur während der aufkommenden Internetblase zu beobachten war. Während die Märkte damals über mehrere Jahre kräftig abstürzten, sind die Börsen in 2020 jedoch per Saldo sogar gestiegen.

Schließlich liegt das Risiko auf der Hand, dass es Rückschläge bei der Covid-Bekämpfung geben könnte. So mahnt die England-Mutation wie auch die kürzliche Abriegelung von zehn Pekinger Stadtteilen wegen neu aufge­kommener Infektionsherde zu einer gewissen Demut bei der Erwartung allzu schneller Fortschritte. Nicht zuletzt sollte man sich grundsätzlich vergegenwärtigen, dass die Kapitalmärkte dieser Zeit auf dem Fundament lange niedriger Zinsen ruhen. Geriete diese Grundannahme ins Wanken, wäre eine Umorientierung wohl unausweichlich.

[2]   Kölsches "Grundgesetz", Artikel 3: Et hätt noch emmer joot jejange.

Differenzierungsversuche

Für den Versuch, Investitionen zu vermeiden, die sich im Nachhinein als Fehler erweisen könnten, ließe sich die relative Attraktivität von Assetklassen heranziehen:

  • So erscheinen Aktien zwar teuer im historischen Vergleich mit sich selbst. Gegen­über Anleihen sind sie aber preis­wert.
  • Nach dem starken Anstieg der Wachstums­aktien sind Substanz­aktien noch vergleichs­weise günstig.
  • Fünf Tech-Giganten aus dem 500 Werte umfassenden amerikanischen S&P 500 sind exorbitant gestiegen und haben den ganzen Markt mitgezogen. Das mag für diese fünf[3] übertrieben sein, während die anderen 495 Titel sich in Summe nur wenig bewegt haben und vergleichsweise günstig erscheinen.
  • Überhaupt wirkt der ameri­kanische Markt teurer als Europa. Nicht allein, weil die Indizes besser abgeschnitten haben, sondern weil aus heutiger Sicht das wirtschaftliche Erholungspotential in Europa größer sein mag.
  • Etliche Tech-Titel haben sehr gut performt, weil sich in der Krise ihr Geschäftsmodell bewährte und steigende Umsätze und Gewinne auslöste. Während­dessen konnten etliche zyklische Aktien[4] ihre Vorkrisen­niveaus noch nicht zurückerobern. Sofern die Impf­strategie greift, könnte dies zumindest eine Zwischenrallye der Zykliker auslösen.

Eine weitere naheliegende Differenzierung ist die Suche nach Profiteuren des digitalen Wandels, der sich in den zurückliegenden Monaten besonders schnell, drastisch und disruptiv vollzogen hat. Die Feststellung des Microsoft-Chefs, der Transformationsprozess der nächsten zwei Jahre hätte sich auf zwei Monate verkürzt, bleibt ohne Widerspruch. Mancher Industriestaat müsste sich nun mächtig ins Zeug legen, um – zum Beispiel in Genehmigungsverfahren – mit dieser Geschwin­dig­keit Schritt zu halten und seine Unternehmen im Wettbewerb nicht zu schwächen. Die traditionelle (Fertigungs)-Industrie stellt nicht mehr zwangsläufig das Zentrum wirtschaftlicher Prosperität dar. Vielmehr wird dieser Sektor immer öfter von völlig branchenfremden Unternehmen mit innovativen Konzepten und ohne historischen Ballast bedrängt. Jüngstes Beispiel ist die angekündigte Idee von Apple, bekanntermaßen Hersteller von Smartphones, in die Fertigung von Elektroautos einzusteigen. Darüber hinaus lässt sich beobachten, dass zwar die Globalisierung "zurückgedreht" und in den Fertigungs­ketten der Fokus nun wieder stärker auf Lokalität und Nachhaltigkeit gelenkt wird. Dies geht aber keinesfalls mit "Entschleunigung" einher; vielmehr ist eine Zunahme der Geschwin­dig­keit in Abläufen und Neuent­wicklungen nicht zu übersehen. Nicht zuletzt fördern schnellere Internet­verbindungen (5G) diese Entwicklung. Unternehmen, die diese Trends vorantreiben oder deren Chancen für sich nutzen, werden möglicherweise auch in den nächsten fünf Jahren selten "zu teuer" sein.

Die Krise hat einiges durcheinander gewürfelt. Wie ein Kind, dessen Lego-Architektur heruntergefallen ist, werden wir vieles nicht wieder so zusammensetzen können, wie es vorher konstruiert war. In vielerlei Hinsicht ist ein Neuanfang erforderlich. Dazu muss manche Brücke hinter uns aber gar nicht abgebrochen werden, denn es gibt sie bereits nicht mehr. Dies ist eine weltumspannende Erfahrung und könnte uns die Chance geben, den Shift zu einer nachhaltigen Wirtschaft hinzube­kommen, in ökologischer wie auch in soziologischer Hinsicht. Globale Herausforderungen brauchen global abgestimmte Antworten, die auch die ärmsten Länder umfassen. Dies gilt im Besonderen im Hinblick auf die Eindämmung der globalen Erwärmung. Epide­mien und Pandemien lassen sich mit Lockdowns und Medika­menten bekämpfen und die Kapitalmärkte können "dahin­ter schauen", weil sie absehbar vorübergehen. Ganz anders dürfte sich die Situation darstellen, sobald Kippmomente im Weltklima ausgelöst werden. Dahinter möchte man nicht schauen, wenn man ehrlich ist. Die Nach-Corona-Welt wird darum wohl digitaler und lokaler, nahezu zwangs­läufig jedoch nachhaltiger. Es ist herausfordernd und lohnend zugleich, die Unternehmen zu identifizieren, die diese Entwicklung in den nächsten zehn Jahren erfolgreich antreiben.

Im Hinblick auf die nächsten zehn Jahre lohnt auch ein Blick nach Asien und insbesondere China. Die bisherigen Wachstumsraten unterstellt, könnte die Volksrepublik etwa gegen Ende dieses Jahrzehnts die Vereinigten Staaten mit ihrem Bruttosozialprodukt überholen. Bereits heute werden nirgendwo sonst so viele Patente ange­meldet wie dort. Tele­kommu­nikations­techno­logie, Robotik und künstliche Intelligenz stehen dabei ganz vorn auf den Patentlisten und stellen China auf Augenhöhe mit den USA, Japan und Deutsch­land. Auch im Hinblick auf Elektro­mobili­tät ist China Vorreiter; der Anteil der Elektro­autos an Neuzulassungen beträgt stabil mehr als 5 %. In Relation dazu setzt nur Norwegen mehr E-Autos ab, im Übrigen dort mit einem chinesischen Fabrikat auf dem dritten Platz. Der chinesische Aktienmarkt hingegen ist derzeit noch "nur" halb so groß wie der amerikanische und zudem in einigen Segmenten von Ausländern nicht erwerbbar. Darum wird der Staffelstab "Global bestimmender Kapitalmarkt" noch nicht so bald übergeben werden.

[3]   Die fünf Aktien sind: Amazon, Alphabet, Apple, Facebook, Microsoft. (Sie sind mehr wert als alle deutschen oder japanischen oder britischen Aktien zusammen.)

[4]   Konjunkturabhängige Branchen wie Chemie, Auto, Maschinenbau und Reisen.

Mittelfristig optimistisch

Wenngleich eine Richtungsbestimmung für die Kapitalmärkte 2021 schwerfällt, weil sehr viel von der wirksamen Bekämpfung von Covid-19 abhängen dürfte, so bleiben wir doch für die mittelfristige Zukunft optimistisch, sind uns allerdings auch der Risiken bewusst. Sie einzugehen ist unvermeidbar, will man Erträge erzielen. Unsere Welt wird noch immer komplexer und viele Marktteilnehmer befinden sich auf der Suche – nach neuen Orientierungs­punkten und nach Alternativen zu bisher mit weniger Risiko realisierbaren Erträgen. Das kann sowohl zu Übertreibungen als auch zu plötzlichen Rückschlägen führen. Beides berücksichtigen wir in einem ausgewogenen und variablen Investitions­stil. Dabei kommen grundsätzlich auch Edelmetalle ins Spiel, die angesichts nicht aufgelöster systemischer Risiken eine geeignete Investition bleiben. Edelmetallinvestments (Gold und Silber) sind auch wichtiger Bestandteil der Strategie unseres Publikumsfonds CONCEPT Aurelia Global. Dieser investiert zudem konsequent zukunfts­orien­tiert in Technologie- und Konsum­unternehmen. Mit dem Mix von Aktien und Edelmetallen ist der Aurelia in 2020 sowie den zurück­liegenden 5 Jahren zu einem der erfolgreichsten globalen Misch­fonds in Deutschland geworden.

Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien ein wieder berechenbares neues Jahr, in dem Sie Freude, Erfolg, Zufriedenheit und persön­liches Glück erleben. Bleiben Sie gesund!

Bielefeld, 6. Januar 2021

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