Lagarde-Put

"Die Prognoseunsicherheit ist derzeit hoch" schrieben wir zum Beginn des vergangenen Jahres in unseren "Perspektiven" und ahnten dabei zugegebenermaßen nicht, wie schwungvoll das Pendel in 2019 nach oben ausschlagen würde. Auch im Rückblick betrachtet sind die hohen Kurszuwächse überraschend. Unseres Erachtens sind die Bewertungs-Aufschläge vor dem Hintergrund von Handelsstreit, Impeachment, rückläufigen Unternehmensgewinnen, Klimakrise und nationalistischen Tendenzen nur mit einem Argument zu erklären: der 180-Grad-Wende der beiden großen Notenbanken im Hinblick auf ihre Zinspolitik.

An dieser Stelle haben wir vor einem Jahr die Möglichkeit einer bevorstehenden Rezession thematisiert. Beschleunigt fallende Wirtschaftsindizes deuteten diese Gefahr an, gerade in der weltweit am schnellsten wachsenden Region China. Unterdessen war Amerika mit der Verhaftung der Huawei-Vizechefin in eine höhere Eskalationsstufe des Handelskonflikts getreten, eine rasche Einigung geriet damit außer Reichweite. Und überdies schien die seinerzeitige Geldpolitik der Fed geeignet, die negativen Stimuli sogar noch zu beschleunigen, denn die neunte Zinserhöhung im Zyklus lag erst wenige Tage zurück. Ein radikaler Kurswechsel erschien notwendig, gleichwohl aber nicht in Sicht. Auch die Börsen hatte eine Vorahnung erfasst, was insbesondere im letzten Quartal deutliche Kursrückgänge auslöste. Und die Frage stand im Raum, ob die Börsen vorwegnahmen, was sich in der Konjunktur erst noch bestätigen sollte. 2019 wurde ein Jahr vieler Überraschungen: Der Handelsstreit durchlief weitere Eskalationsstufen; von chinesischen Einfuhrstopps für amerikanische Produkte, dem Vorwurf der Währungsmanipulation an die Adresse Chinas und dessen Drohung mit einem Abbruch der Verhandlungen war alles dabei. Ein Drohnenangriff auf eine Raffinerie nahm über Wochen 60 % der saudischen Ölförderung vom Markt. Die Briten wählten zum zweiten Mal – und nun mit überwältigender Mehrheit – den Brexit. Die viel beachtete Zinskurve drehte auf invers. Dennoch blieb eine Rezession knapp aus.

Entwicklung der Fed- und EZB-Leitzinsen

Entwicklung der Fed- und EZB-Leitzinsen, Quelle: Fed, EZB

Zinsrolle rückwärts

Als ganz entscheidend für den konjunkturellen Umschwung, der sich entgegen aller politischen Vorgaben vollzog, darf tatsächlich die Neuorientierung der US-Notenbank angesehen werden. Als hätten die Notenbank-Gouverneure in der Neujahrsnacht 2019 frische Vorsätze gefasst, wurde die bisherige Ankündigung weiterer gradueller Zinserhöhungen fallengelassen und durch den Hinweis ergänzt, auch der Abbau der Fed-Bilanz stehe nicht auf Autopilot. Im März wurde bekräftigt: "Keine weiteren Zinserhöhun-gen". Kurz nachdem China das niedrigste Quartalswachstum seit über 25 Jahren melden musste, wurde im Juli dann die erste US-Zinssenkung vollzogen, der noch zwei weitere sowie eine Wiederausweitung der Fed-Bilanz folgen sollten. Zusammen mit einer extrem stimulierenden Fiskalpolitik der US-Regierung (Haushaltsdefizit 4,6 % und damit Rekord in Friedenszeiten) konnte damit die drohende Rezession zunächst abgewendet werden.

In 2018/19 ist einmal mehr deutlich geworden, welche überragende Bedeutung für die Kapital-märkte das von den Notenbanken gesteuerte Zinsniveau darstellt. Während die Fed in 2018 schon im Konjunkturschatten den Bremsdruck noch erhöhte und die Börsen auf Talfahrt schickte, brachte ihre 180°-Wende zur Jahresmitte 2019 die Zinsen wieder auf Rekordtiefststände und ließ die Aktienmärkte bisherige Höchstmarken erreichen bzw. gar überwinden. Dabei befindet sich die US-Notenbank bekanntermaßen in weitaus komfortablerer Position als die EZB. Denn während Amerika den US-Aufschwung seit 2016 nutzte, um die Zinsen sukzessive zu erhöhen und so den eigenen Handlungsspielraum wieder deutlich zu erweitern, hat die europäische Zentralbank diese Chance – trotz eines zwischenzeitlichen Wachstums von über zwei Prozent – nicht ergriffen.

Keine Rezession. Ende des Zinserhöhungszyklus.

Renditen 10-jähriger Staatsanleihen

Renditen 10-jähriger Staatsanleihen, Quelle: Fed

Tina

Tina(1) ist nun schon in die Jahre gekommen an den Aktienmärkten. Seit dem Rückgang der Zinsen unter bisher historische Tiefststände und ihrem voraussichtlich länger andauernden Verbleib auf diesem Niveau wurde die Erkenntnis der "Alternativlosigkeit" von Aktien schon oft thematisiert, auch von uns. Dieses Paradigma bleibt erhalten, so lange die Zinsen tief sind bzw. bleiben. Noch im Herbst 2019 hatten die 10jährigen Bundesanleihen mit minus 0,71 % ein in-ternational historisches Renditetief markiert(2). 97 % aller Bundesanleihen rentierten negativ, selbst die 30jährige. Derzeit rentieren auch europäische Unternehmensanleihen mit Investment Grade zu einem Drittel negativ(3). Das Phänomen gilt global, denn das Volumen negativ verzinster Anleihen hat sich weltweit in nur einem Jahr auf 15 Billionen USD verdoppelt(4). Ein geschichtlich bisher einmaliges Kuriosum wonach Menschen Geld verleihen, um eines Tages weniger zurückzuerhalten, als sie ursprünglich herausgegeben haben, einschließlich regelmäßiger Zinszahlungen. Unsere schon mehrmals in diesen Berichten getroffene Feststellung, dass noch nie so viele Schulden bei so niedrigen Zinsen in Umlauf waren, ist einmal mehr zutreffend. Jahr um Jahr prägt sich die Windschiefe weiter aus. Diese Politik billigen Geldes wird inzwischen mehr noch als von der Fed seitens der EZB verfolgt. Diese hatte 2015 ein Anleihekaufprogramm aufgelegt, welches durch den Ankauf von Anleihen im Gegenwert von monatlich 30 Mrd. EUR den Zins niedrig halten und die Inflation stützen sollte. Das Anleiheprogramm wurde Ende 2018 beendet, jedoch nur ein dreiviertel Jahr später, im Herbst 2019, vor dem Hintergrund drohender Rezession und sich kaum beschleunigender Inflationsdaten wieder neu gestartet. Dies und die Senkung des Leitzinses auf -0,5 % war die letzte Amtshandlung des scheidenden EZB-Präsidenten Mario Draghi, der in seiner achtjährigen Amtszeit achtmal die Zinsen senkte, freilich ohne dem "offiziellen" Inflationsziel von 2 % jemals wirklich nahe gekommen zu sein.

Nahezu alle Bundesanleihen rentieren negativ. Ebenso viele Unternehmensanleihen.

  • (1) There Is No Alternative, eine immer häufiger gehörte Formulierung als Antwort auf die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Aktieninvestitionen
  • (2) Selbst japanische zehnjährige Staatsanleihen haben bisher nie tiefer als minus 0,39 % notiert
  • (3) Quelle: Reuters, Tradeweb
  • (4) Quelle: Bloomberg, Barclays

Neue Ideen für die EZB ...

Der Werkzeugkasten der EZB scheint weitgehend geleert zu sein. Sich für den Fall konjunktu-reller Gefahren neu zu rüsten mag mit ein Grund für die von der neuen Präsidentin Lagarde ausgerufene strategische Überprüfung sein, der ersten seit 2003. Diese Überprüfung soll Ende 2020 abgeschlossen werden und dürfte – anderes würde verwundern – wohl neue Werkzeuge für die Zentralbank bereithalten. So ist denkbar, die Liquiditätsprogramme für Banken neu zu beleben, unter der Voraussetzung der Begebung neuer Kredite an die Privatwirtschaft. Die Möglichkeit, Staatsanleihen von Krisenländern zu erwerben, könnte bestärkt und tatsächlich umgesetzt werden. Überhaupt könnten die Quantitative Easing-Programme mit einem messbaren Ziel versehen und ihr Ende erst dann in Aussicht gestellt werden, wenn die Inflation über x Monate ein Ziel von bspw. mindestens. 2 % erreicht. Die EZB könnte sich ermächtigen, nicht nur An-leihen zu kaufen, sondern nun auch steuernd in die Aktienmärkte einzugreifen, wie das die japanische Notenbank bereits tut. Sie könnte überdies den Einlagenzins noch erheblich deutlicher senken, was jedoch zu dessen Durchsetzung wohl mit der weitgehenden Abschaffung von Bargeld einhergehen müsste. Aber auch simplere Lösungen wären denkbar, um dem 2 %-Ziel nahezukommen. Inflation ist immerhin eine Frage der Definition, denn sie findet in Europa ja durchaus statt, nur eben nicht im von der EZB beobachteten Warenkorb. So steigen die Lohnkosten seit fünf Jahren EU-weit permanent mit Sätzen von deutlich über 2 %, von Immobilienpreisen und Aktienkursen ganz zu schweigen. Der EU-Kommission liegen von der EZB ausgearbeitete Vorschläge vor, die den Einbezug der Preise von Eigentumsimmobilien in die Bemessung der Inflationsrate thematisieren. Insgesamt gesehen sind viele Ansätze zur Neu- und Feinjustierung der EZB-Politik denkbar und Manches wird wohl tatsächlich umgesetzt werden. Sehr wahrscheinlich wird dabei eine wesentliche Aussage am Ende des Prozesses stehen: "Was immer es braucht, wir sind gewappnet." Diese Erwartung vorausdenkend könnten die Märkte – insbesondere in Europa – auch im Verlauf des nächsten Jahres fortgesetzten Kaufdruck auf Aktien auslösen.

Whatever it takes, we're prepared.

... nicht ohne Nebenwirkungen

Freilich bleibt die Politik der Notenbanken, namentlich auch und gerade der EZB, nicht frei von Risiken. Es entbehrt dabei nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet die EZB selbst die von ihr selbst verursachten Risiken nun benennt und sogar vor ihnen warnt. So schrieb die EZB in ihrem Finanzstabilitätsbericht von November 2019, ein Grund für ihre Sorgen um die Finanzstabilität im Euroraum seien die niedrigen Zinsen. Als besondere Risiken seien die resultierenden "Fehlbewertungen" an den Finanzmärkten und schlechtere Gewinnaussichten bei den Banken einzuordnen. Darüber hinaus wird seitens der Notenbank bemängelt, dass die Euro-Länder das tiefe Zinsniveau genutzt hätten, sich mit konsumtiv orientierter Haushaltspolitik zunehmend zu verschulden. Das sind bemerkenswerte Feststellungen insofern, als die bemängelten "Fehlentwicklungen" ohne die von der EZB initi-ierte Geldpolitik kaum denkbar wären. Gleichwohl könnte – insbesondere im Falle sich nun doch abschwächender Konjunktur – eine beschleunigte Fortentwicklung eben dieser Geldpolitik im Gefolge des 2020er EZB-Reviews zu erwarten sein, sozusagen ein Greenspan-Put in abgewandelter Form. Dieser Begriff wurde Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts geprägt und bezieht sich im Wortstamm auf eine Put-Option, also die Möglichkeit einen Vermögenswert jederzeit zu einem vorher bestimmten Preis an eine andere Person zu verkaufen und sich damit vor möglichen Verlusten zu schützen. Greenspan war der erste US-Notenbank-Präsident, unter dem die Notenbank bei jeder Krise massiv Liquidität in die Märkte gab, was in vielen Fällen den Kursverfall an den Kapitalmärkten stoppte. Dieses auch von Greenspans Nachfolgern übernommene Verhalten wurde von den Marktteilnehmern als zuverlässiges und konstant zugrundeliegendes Muster interpretiert. Es fand Eingang in die Preisfindung an den Märkten und spiegelt sich bis zum heutigen Tag in höheren Bewertungen, geringen Kredit-Spreads und überdurchschnittlicher Risikobereitschaft wider. Anders als die US-Notenbank hat die EZB zwar kein beschäftigungspolitisches Mandat, welches sie beauf-tragte oder ermächtigte, über die Wahrung von Preisstabilität hinaus Wirtschaftspolitik nach dem Muster der Fed zu betreiben. Gleichwohl tut sie exakt dies, seitdem Mario Draghi ausgerufen hat, alles zu unternehmen, um den Euro zu verteidigen. Seine Nachfolgerin Christine Lagarde wiederum hat bis-her nicht erkennen lassen, dass sie das Instrumenta-rium der EZB einschränken möchte, im Gegenteil.

So bleibt weiterhin zu erwarten, dass die Zinsen aller Wahrscheinlichkeit nach noch über einen längeren Zeitraum niedrig bleiben, denn es ist bei weitem kein Szenario für eine Anhebung – zumal in Europa – ersichtlich. Die Preise für Sachwerte – Immobilien, Aktien, Gold – blieben davon weiterhin begünstigt.

Die EZB ist besorgt um die Finanzstabilität im Euro-Raum.

Unverändert langfristige Niedrigzins-Erwartung.

Der Hegemon zur Mitte des Jahrhunderts?

Der Handelskonflikt zwischen den USA und China hat die Weltkonjunktur verlangsamt, den Optimismus der Investoren aber jeweils nur kurzfristig und punktuell beeinträchtigt. Im Resultat können China und die USA anscheinend nicht mit und nicht ohne einander und verharren in einer Patt-Situation, die möglicherweise erst nach den Präsidentschaftswahlen in den USA aufgelöst wird. Ein dieses Adjektiv tatsächlich verdienender großer Deal bleibt augenscheinlich aus, stattdessen nähert man sich über gesichtswahrende Detailvereinbarungen wieder einander an. Dem Handelsstreit übergeordnet steht jedoch ein geostrategischer Konflikt im Raum, bei dem es um die Verteidigung resp. um die Wiedererlangung einer globalen wirtschaftlichen und militärischen Vormachtstellung geht. Er wird die Welt wohl über das 20er-Jahrzehnt hinaus begleiten; die Kapitalmärkte werden sich mit ihm arrangieren müssen (und können). Dieses übergeordnete Thema wird uns aber voraussichtlich immer wieder beschäftigen und Gegenstand unserer strategischen Überlegungen sein.

Goldilock-Szenario

Interessant erscheint die sich am Ende des letzten Jahrzehnts darstellende Kausalkette: Handelskonflikte und Protektionismus schwächen das Wachstum. – Im Angesicht der konkreten Gefahr einer Rezession erleichtern die Notenbanken massiv den Zugang zu Kapital und bestrafen das Sparen. Zudem blähen einige große Volkswirtschaften (USA/China) ihre Verschuldung weiter auf. – Dennoch verharrt die Infla-tion auf niedrigem Niveau. – Resultat ist einmal mehr das so genannte Goldilock-Szenario, welches wir Ende 2017 sowie im April letzten Jahres schon einmal benannt hatten: Gemäßigtes Wachstum bei geringer Inflation und niedrigen Zinsen. Bisher können sich Investoren noch immer auf das Bestreben der Ton angebenden Notenbanken verlassen, permanentes Wachstum ohne zwischenzeitliche Korrekturen zu kreieren, was immer unkonventionellere Maßnahmen erfordern könnte. Denn wenn auch eine Rezession in 2019 noch haar-scharf vermieden werden konnte, bleibt sie angesichts nur schwachen Wachstums, stagnierender Unternehmensgewinne und hoher Auslastungsquoten als Szenario gegenwärtig. Als Reaktion auf dieses Risiko wäre in den maßgeblichen Ländern eine reflationäre Wirtschafts- und Geldpolitik erwartbar, also ein Hand-in-Hand-Gehen von expansiver Geld- und ausgabenfreudiger Fiskalpolitik. Vorreiter ist jetzt bereits Amerika mit seinem inzwischen mehrjährigen Haushaltsdefizit nahe fünf Prozent. Die erkennbaren politischen Wandlungen deuten auch für Europa in diese Richtung. Dies gilt für Italien, noch mehr für Frankreich und absehbar auch für Deutschland, wo die "schwarze Null" zunehmend kritisch interpretiert wird. In einem solchen Szenario bleiben die Alternativen zu Sachwerten – abgesehen von Liquidität mit teuren Lagerkosten – rar. Möglicherweise steht ein nicht länger aufzuhaltendes Ende des nun über 10-jährigen Aufschwungs bevor. Eben dies aber könnte die Verantwortlichen zu weiteren "unkonventionellen" Maßnahmen veranlassen und diese wiederum einen möglicherweise sogar steilen Schlussanstieg an den Aktienbörsen auslösen.

Reflationierung erwartbar

Gemäßigtes Wachstum, geringe Inflation, niedrige Zinsen.

Durchschnittliche Wertentwicklung S P 500

Durchschnittliche Wertentwicklung S&P 500 nach Amtsjahren des US-Präsidenten (seit 1936), Quelle: Factset

Politische Unabwägbarkeiten

Für 2020 kommen die US-Präsidentschaftswahlen als weiteres – die Märkte möglicherweise unterstützendes – Kriterium hinzu. Häufig ist das Jahr mit der in Aussicht stehenden Wiederwahl des US-Präsidenten ein gutes Aktienjahr, weil viele Amtsinhaber eine wirtschaftsfreundliche Politik verfolgen, um die Konjunktur zum Zeitpunkt der Wahl in einem rosigen Licht abbilden zu können. Im vorliegenden Fall tritt ein äußerst berechnender Präsident an, der die wirtschaftliche Situation sehr genau im Auge haben dürfte. Sein Problem könnte allerdings die fortwährende Jonglage mit einer größer werdenden Anzahl an Bällen sein: Handelskonflikt mit China, Unterkühlung der Beziehungen zu Europa und Russland, Impeachment, regelmäßige Scharmützel mit geschassten Mitarbeitern, Nordkorea, Syrien und nun die extrem kriegsgefährliche Konfrontation mit dem Iran. In "Politische Börsen" haben wir schon im Sommer letzten Jahres darauf hingewiesen, wie stark derzeit die Beein-flussung der Börsen durch politische Akteure ist. Solange Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist, wird sich daran nichts ändern. Dies legt nahe, sich weiterhin auf ausgeprägte Schwankungen an den Börsen einzustellen und ist einer der Gründe dafür, warum wir – Goldilock hin oder her – vergleichsweise zurückhaltend in unseren Aktieninvestitionen bleiben. Denn die geopolitische Situation ist aufgeheizt wie lange nicht. Im Unterschied zu heute erschien der "kalte Krieg" als leicht lesbar, gut strukturiert und die Reaktionen der Beteiligten als einigermaßen vorhersehbar, wohingegen einige der heutigen Akteure doch eher unberechenbar reagieren. Übergeordnet und längerfristig präsent sehen wir den großen Konflikt zwischen China und den USA, unterminiert durch akut aufflammende Brandherde wie kürzlich Syrien/Türkei/Russland, aktuell Iran/USA und morgen potentiell erneut USA/Nordkorea. Mit Macht drängt ein weiterer umfassender Konflikt in Gestalt der Flüchtlingsproblematik und des Klimawandels ins Bewusstsein. Allen Problemfeldern ist gemein, dass augenblicklich kaum Erfolg versprechende Befriedungs- und Lösungsstrategien erkennbar sind, wohl aber weiteres Eskalationspotential.

Solange Trump amtiert, bleibt die Börse politisch geprägt.

In diesem Umfeld bleibt unseres Erachtens eine strategische Positionierung bedeutsam, die sich bei Aktieninvestments an nachhaltigem Unternehmenswachstum, krisenstabilen oder zumindest regenerativen Geschäftsmodellen und einer gefestigten Stellung der Unternehmen in ihrem jeweiligen Markt orientiert. Hier erscheinen zunehmend wieder unterbewertete europäische Titel interessant, während bei den hoch bewerteten US-Unternehmen vergleichsweise selektiver vorzugehen ist. Nicht von ungefähr geraten nun mehr und mehr Firmen in den Fokus, denen soziale, ethische und umweltrelevante Kriterien im Rahmen der Unternehmensführung wichtig erscheinen. Diesen Aspekt zu berücksichtigen sollte sich auch bei der Kapitalanlage als sinnvoll erweisen, weswegen wir im Jahresverlauf unsere Position zu diesem Thema im Detail erarbeiten und definieren werden. Bei Investitionen in Anleihen scheint inzwischen eine merklich vorsichtigere Gangart angeraten, denn nicht allein das Kursrisiko für Langläufer nimmt angesichts der aktuell niedrigen bis negativen Zinsen zu. Vielmehr muss – gerade bei nur mittelmäßig beurteilter Bonität – ein Vertrauensverlust in die Schuldnerqualität kalkuliert werden, sollte der Konjunkturmotor einmal mehr zu stottern beginnen. In Zeiten stabil niedriger Zinsen und wachsenden geopolitischen Spannungen bleiben sowohl Edelmetalle eine sinnvolle Sicherheit wie auch taktische Liquidität, um in allfälligen Kurskorrekturen die Möglichkeit nutzen zu können, gute Qualität zu günstigen Preisen aufzusammeln. Denn die Prognoseunsicherheit bleibt hoch.

Wir wünschen allen Mandanten, Anlegern und Interessenten ein gutes, erfolgreiches und friedvolles Jahr 2020.

Zurückhaltende Gewichtung, Europa bevorzugt, Flexibilität.

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